18. März 2024

Spuren des Künstlers Hermann Rieser – Vom Tellerwäscher zum gefeierten Bildhauer

Selbstbildnis Hermann Rieser – „gefertigt fünf Tage vor seinem Tod“, erzählt sein Sohn Klaus Rieser. Foto: Knut Kuckel
Selbstbildnis Hermann Rieser – „gefertigt fünf Tage vor seinem Tod“, erzählt sein Sohn Klaus Rieser. Foto: Knut Kuckel
Aus seiner sechsjährigen Ausbildungszeit in Berchtesgaden (1936 – 1940) ist „Das Christusgesicht“ aus Holz geblieben. Vielleicht eines der schönsten Werke des Obsteiger Bildhauers Hermann Rieser. Zu sehen bis 17. Juni im Rahmen der Ausstellung „Retrospektive Rieser“ im Stadel Schneggenhausen in Obsteig.

Aus seiner Ausbildungszeit an der Fachschule für Bildhauerei im bayerischen Berchtesgaden sind noch drei Werkstücke erhalten. Sie zeigen sein frühes handwerkliches Können. In der aktuellen Ausstellung ist davon „Der Freiheitskämpfer“ zu sehen. Riesers Werkstück für die Abschlussprüfung.

Seinen Aufenthalt in der Berchtesgadener Bildhauer-Schule finanzierte Hermann durch Arbeiten als Tellerwäscher, Haus- und Schankgehilfe im Hotel „Krone“.

Sohn Klaus Rieser erzählt, dass sein Vater Hermann sich noch fünf Tage vor seinem Tod an einem Selbstbildnis versuchte. „Aus Unzufriedenheit über das Ergebnis legte er die Arbeit unter seine Werkbank. Sie sollte später mit anderen Holzabfällen verheizt werden.“ Heute – so Klaus Rieser – sei er froh, dass er die Vernichtung des Selbstportraits verhindern konnte. Ein Portrait, reduziert auf das Gesicht eines älteren Mannes, dessen Lebensgeschichte sich nur erahnen lässt. Hermann Rieser stirbt am 16. Januar 1983 im Alter von 66 Jahren in Natters.

Hermann Rieser wäre heute 101 Jahre alt.

Die Obsteiger feierten gerade die „Heiligen Drei Könige“ als Josefa Rieser am 6. Jänner 1917 in Gschwent ihren Sohn Hermann zur Welt brachte. Zu dieser Zeit ein uneheliches Kind zur Welt zu bringen war gesellschaftlich nicht einfach. Doch die Dinge wendeten sich schon drei Jahre später zum Guten. Josefa heiratet im September 1920 Johann Krug aus Wildermieming.

Die junge Familie lebt in bescheidenen Verhältnissen aus den Erträgen einer kleinen Landwirtschaft und den zusätzlichen Einkünften Johanns als Holzfäller und Tischlerei-Gehilfe. In den Folgejahren bekommen Josefa und Johann noch drei weitere Kinder. Sie werden auf die Namen Frieda, Emma und Johann getauft.

„Viel war nicht mehr aus der Kindheit Hermann Riesers zu erfahren“, sagte Luzia Krug, die gemeinsam mit Hannah Müller die Lebensgeschichte des Obsteigers erfasst hat. „So gut es ging“, so Luzia Krug bei der Vernissage am Freitag, den 8. Juni vor großem Publikum. „Unser anfängliches Ziel, ein vollständiges Werkverzeichnis zu erstellen, haben wir nicht erreicht. Der Künstler machte keinerlei Aufzeichnungen über seine Werke. Auch nicht über Aufträge oder Verkäufe.“

Zur Vernissage musizierten Robert Riser und Hannes Metnitzer der Obsteiger Formation „Saxoholic“.

Das Chronikteam der Gemeinde Obsteig – um Sabine Ortner, Herbert Krug, Klaus Rieser und Johannes M. Faimann – beauftragten Luzia Krug und Hannah Müller mit der Spurensuche. „Hermann Rieser ist Themenschwerpunkt unserer Chronistenarbeit in diesem Jahr“, sagt Chronistin Sabine Ortner. Seine Lebensgeschichte gibt eine reich bebilderte Broschüre wieder. Herausgegeben im April 2018 von Luzia Lilith Krug.

Die Gemeinde Obsteig verdankt auch ihr von 1977 stammendes Wappen Hermann Rieser. Das Gemeindewappen von Obsteig zeigt eine grüne Lärche auf goldenem Grund und am Schildfuß die Zinnen der Burg Klamm.

Die engagierten Chronisten der Gemeinde Obsteig luden am Freitag, den 8. Juni 2018 zur Eröffnung der Ausstellung „Retrospektive Rieser“ ein.

Bis Sonntag, 17. Juni ist die Rieser-Ausstellung im Stadel Schneggenhausen zu sehen.

„Mit den Einnahmen aus den freiwilligen Spenden hoffen wir, die Obsteiger Brunnenfiguren restaurieren zu können“, sagte Herbert Krug und erzählte den Gästen von gemeinsamen Erlebnissen mit seinem Onkel Hermann Rieser.

„In der Gemeinde Obsteig gibt es fast in jedem Weiler oder Ortsteil einen Brunnen“, erzählt Luzia Krug. „Das Besondere daran ist, dass fast alle Brunnenfiguren von Hermann Rieser stammen.“

Damit revanchierte sich der Künstler Hermann Rieser bei seiner Gemeinde für einen Bauplatz in der Mooswaldsiedlung. Die Brunnenfiguren sind in den 1960er/-70er Jahren geschaffen worden. Die letzte widmete Rieser 1975 einem Brunnen in Gschwent.

Es lohnt sich im Raum Obsteig auf Spurensuche nach den Brunnenfiguren Hermann Riesers zu gehen. Der „Heilige Florian“ steht am Dorfbrunnen im Weiler Wald. Nach Großbränden in den Jahren 1881 und 1927 sollte Florian fortan den Weiler Wald vor weiterem Unheil bewahren.

Die Skulptur einer offensichtlich ebenso fleißigen wie bodenständigen Bäuerin schmückt einen Brunnen im Weiler Thal. Schon ein wenig verwittert, aber gerade deshalb von schlicht anmutender Schönheit. Die Bäuerin mit Sichel symbolisiert die Heilige Notburga.

Weitere Brunnenfiguren spürten Luzia Krug und Hannah Müller in Finsterfiecht, Aschland und Unterstrass auf.

Hermann Riesers Figuren begegnet der Suchende darüber hinaus auch in kirchlichen Einrichtungen. Der Heilige Josef findet sich in barockem Stil in der Obsteiger Kirche. Auf dem Friedhof ziert die Grabstätte des verstorbenen Pfarrers Thöni. Riesers Schaffensdrang scheint aus heutiger Betrachtung unermesslich. Er restaurierte auch Figuren in den Obsteiger Kapellen, beispielsweise in Thal.

In Mieming ist man zurecht stolz darauf, dass Hermann Rieser auch hier seine Spuren hinterließ. Von ihm stammt das um 1970 aufgestellte Wegkreuz im nördlichen Untermieming, der „Gute Hirte“ am Brunnen in See (um 1957), der 1958 gefertigte Wendelinbrunnen am Lehnsteig und der berühmte Erker mit geschnitzten Säulen am Gemeindeamt Mieming. Geschnitzt 1952.

Im Stadel Schneggenhausen zu sehen sind neben schon erwähnten Werken auch Holzmasken, geschnitzt für Brauchtumsveranstaltungen und Krippen. Drei davon aus dem Privatbesitz seines Sohnes Klaus Rieser. Die Vierte schmückt alljährlich das Wohnzimmer Hermann Riesers Schwägerin, Katharina Krug. Sie kam mit Riesers Schwester Emma Auer zur Vernissage der Retrospektive „Rieser“.

Unter den zahlreichen Gästen sahen wir auch Miemings Bürgermeister Dr. Franz Dengg mit Frau Rita. Manfred Wegleiter, den Imster Bezirks- und Ortschronisten, der aus Haiming anreiste und Hermann Föger, den Bürgermeister der Gemeinde Obsteig.

Unter viel Applaus überreichte das Chronisten-Team an Waltraud Stecher einen Blumenstrauß. Stellvertretend als Dankeschön für die Leistungen ihres verstorbenen Mannes Hubert Stecher, der seiner Gemeinde Obsteig viele Jahre als Ortschronist zu Diensten war.

Johannes M. Faimann im Gespräch mit Mieming.online: „Unser Dank geht an alle, die uns Werke, Bilder und Fotografien zur Dokumentation und für die Ausstellung überließen. Mit Blick nach Mieming – auch über seine Tätigkeit bei unseren gemeinsamen Dorfbühnen und – wie mir Wendelin Krabacher gerade sagte – als Maskenschöpfer zugunsten einiger Maskenbälle des Sportvereins Mieming.“

Details zur Ausstellung „Retrospektiven – Spuren des Bildhauers Hermann Rieser“ im Stadel Schneggenhausen, Obsteig: Öffnungszeiten sind am Samstag 9. und Sonntag, 10. Juni sowie am Samstag 16. und Sonntag 17. Juni 2018, von 10 bis 17 Uhr.

Weblink: Vernissage der Hermann Rieser Retrospektive, ObsteigAktuell, 9. Juni 2018

Fotos: Knut Kuckel

 

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Knut Kuckel

In meinem Blog schreibe ich über das Landleben im alpinen Raum. Über Erlebnisse und Begegnungen.

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