Am Vormittag waren wir bei Hannes Post, der Hybridmais in die Erde brachte. Klaus Scharmer war ein paar Felder nebenan mit den Vorbereitungen zur Maisaussaat beschäftigt. Und am Nachmittag durften wir Franz Kapeller beim „Dammformen“ auf seinem Erdäpfel-Acker im Unterdorf von Obermieming ein paar Minuten von der Arbeit abhalten.
Ohne Hybridzüchtung geht nichts mehr. „Hybridsorten sind heute das Beste, was es bei Mais gibt“, sagen die Agrar-Experten. Der Post Hannes lässt mich in die Saat-Behälter schauen und sagt: „Den Mais kaufe ich im Lagerhaus.“
Der übliche Saatgutpreis beträgt nur einen Teil dieser Ertragseinbuße, weshalb sich der jährliche Saatgutzukauf aus betriebswirtschaftlicher Sicht lohnt
Das Internet erklärt uns, was man unter „Hybrid“ zu verstehen hat. Wir lernen:
Hybride gibt es schon seit über 100 Jahren. Diese stehen für eine unglaubliche Erfolgsgeschichte, denn heute gibt es in den Industrienationen beim Mais keinen anderen Sortentyp mehr.
In den vergangenen Tagen kam es in einer Nacht zu Frostschäden. „Betroffen waren die Weiden“, erzählt der Post Hannes. „Nur die Spitzen der Gräser haben etwas abbekommen, die erholen sich wieder. Die ersten grünen Maisspitzen sind in zwei Wochen auf diesem Feld zu sehen.“ Die Mieminger Bauern fürchten sich vor den Eisheiligen. In zehn bis längstens 14 Tagen sollten die sich verabschiedet haben. „Hoffentlich“, sagt Hannes Post. „Sonst können wir die Ernte abschreiben.“
Ich gehe ein paar Meter weiter und treffe Klaus Scharmer. Klaus nimmt sich die Zeit für ein längeres Gespräch. Daran beteiligt sich noch Franz Pirktl sen., der mit seinem Elektro-Mobil seine tägliche Inspektionsreise um sein Hotel-Imperium macht.
Hannes Post hat mich schon auf die Arbeit von Klaus vorbereitet: „Der ist mit der Kreislegge auf dem Weg.“ – Mit diesem Gerät wird der Ackerboden bearbeitet. Nach dem Winter mit seinen Niederschlägen, Minus- und Plus-Temperaturen, ist der Boden noch nicht aufnahmebereit für die Saat. Die Kreislegge erledigt diese Aufgabe. Größere Erdballen werden von ihr zerkleinert.
„Eigentlich vertrete ich ja nur den Andreas, der kann erst nach dem Mittag auf dem Maisfeld weiter arbeiten“, sagt Klaus Scharmer. Obwohl die Zeit drängt, steigt er vom Traktor herunter und nimmt sich die Zeit, für ein kurzes Gespräch. Wir reden über die Hochfeldern Alm. Ich erzähle dem Klaus, das Gerücht ginge um, dass heuer der Almsommer ausfallen müsste, weil es keinen Almhirten gäbe. “ Nein, das ist nicht richtig“, antwortet der Almmeister der Feldereralpe. „Gerhard Wiggens wird von Juli bis Ende September die Alm bewirtschaften. Mindestens drei Monate lang. Den Hüttenbetrieb macht er gemeinsam mit seiner Frau Claudia.“
„Also dauert heuer der Feldernalmsommer nur drei Monate?“, frage ich nach. „Ja, denn danach sanieren wir die Hütte auf der Hochfeldern Alm. Damit müssen wir bis – inklusive aller notwendigen Abnahmen – bis spätestens Juni 2016 fertig sein.“ Gerhard Wiggens soll signalisiert haben, auch im nächsten Jahr für die Alm und den Hüttenbetrieb mit seiner Familie zur Verfügung zu stehen. Wir verabreden uns so bald wie möglich, um uns gemeinsam mit Gerhard Wiggens über die Veränderungen auf der Hochfeldern Alm zu unterhalten.
„Nur Kaiserschmarrn dürfen wir erst wieder im nächsten Sommer in einer neuen Küche servieren. Die Lebensmittelkontrolleure machen das zur Auflage, damit wir heuer den Betrieb aufrecht halten dürfen.“ – Ich schaue erstaunt und frage nach: „Weshalb, wieso – kann ich nicht verstehen…“ – Klaus klärt mich auf: „Es gab mal ein Salmonellenverdacht, der sich nach gründlicher Überprüfung nicht bestätigte. Meines Wissens nach gab es überhaupt noch nie auf einer unserer Almen einen solchen Fall.“
„Und wozu dann der ganze Zauber? – Auf der Alm werden die frisch gelegten Eier doch innerhalb von ein bis zwei Tagen verbraucht?“ – „Da hast Du recht“, antwortet Klaus Scharmer. „Ich verstehe das auch nicht. Die verantwortlichen Politiker in Tirol üben sich wohl in vorauseilendem Gehorsam. Das ist anscheinend tirol-typisch.“
Jetzt schaltet sich Franz Pirktl sen. in das Gespräch ein. In ein paar Minuten werden die neuesten Geschichten ausgetauscht. Aus erster Hand erfahren wir, dass schon über 30 Beschäftigte in das neue Mitarbeiterhaus vom Hotel Schwarz am Feuerwehrweg eingezogen sind. „Denen geht es total gut in dem Haus.“
Klaus entschuldigt sich, steigt auf seinen Traktor und bearbeitet ihn weiter mit der Kreislegge. Schöne Bilder sind das. Blauer Himmel – heute ist es fast sommerlich warm – im Hintergrund die Mieminger Berge und die Hohe Munde. Ein Postkartenmotiv.
Wir verabschieden uns und ich ziehe weiter. Auf der Suche nach Franz Kapeller. Den 3. Bauern in dieser Geschichte. Jetzt habe ich es eilig. Das Wetter schlägt um. Ein unerwartet starker Wind kommt auf.
Die Windgeräusche klingen unheimlich. Es schaut ganz so aus als würde gleich ein Gewitter aufkommen. Ich bin bei der Georgskirche. Da sitzt ein großer schwarzer Vogel auf einem blühenden Obstbaum und lüftet sein Gefieder. Am Horizont verdunkelt sich der Himmel. Die Georgskirche, eine Blumenwiese und in der Ferne der graue Horizont. „Das schaut nicht gut aus“, denke ich.
Da unten ist er ja. Der Franz. Mit seinem Traktor, beim Dammformen auf dem Kartoffelacker. Im Hintergrund zu sehen, der Weiler Fiecht.
Auch Franz Kapeller nimmt sich ein paar Minuten Zeit für ein Gespräch. „Die Kartoffeln habe ich schon gesteckt. Diese Arbeit auf dem Gefälle hier, fordert meine ganze Konzentration, weil ich mit dem Traktor absolut in der Furche bleiben muss, sonst schade ich den Erdäpfeln.“
Mir fällt auf, dass es im Unterdorf noch richtig schöne Wildblumenwiesen gibt. Das muss den Bienen gefallen? „Da solltest Du mal mit dem Burgschwaiger Herbert reden, denn der hat mir vor ein paar Tagen erzählt, dass wir heuer höchstens noch halb so viele Bienen haben, wie im Vorjahr. Niemand weiß genau, woran das liegt.“
„Ich habe gelesen“, sage ich, „dass soll auch in den Nachbarländern so sein?“ – „Ja. das stimmt. Man vermutet, dass könnte im Zusammenhang mit den fahrenden Imkern stehen, die ihre Bienevölker bis Italien und Südfrankreich bringen, um dort das Obst zu bestäuben.“
Ich verspreche, mich bei den Burgschwaigern zu informieren. Wir reden dann noch über die bevorstehende Erdäpfelernte. „Wenn alles gut geht, werde ich die ersten Kartoffeln Mitte bis Ende Juni ernten können. Aber das weiß ich erst, wenn sich die Eisheiligen verabschiedet haben, ohne viel Schaden hinterlassen zu haben.“
Das höre ich heute zum 3. Mal. Vom Hannes, über den Klaus – bis hin zum Franz. „Wir sind etwas später mit den Feldern dran, weil wir hoffen, dass unsere Pflanzen so keinen Frost mehr abkriegen.“. Ich bedanke mich beim Franz für das Gespräch und sage „Pfiat di!“ – Dann bitte ich ihn noch, mir die Feldnamen zu verraten.
https://youtu.be/eOIZ9WCG6rQ
Alles verstanden? – Östlich vom Franz ist der „Solet“ und westlich die „Kehre“.
Ich habe nicht wenige Jungbauern getroffen, die mit den Flurnamen nichts mehr anfangen können. Dieses Wissen haben ihre Väter aber noch allemal. Dann mache ich auf meinem Heimweg noch ein paar atmosphärische Bilder. Treffe hinter der Georgskirche noch ein paar ältere Herrschaften. Wir reden über dies und das und über die Bienengeschichte. „Das wundert mich überhaupt nicht, schimpft die ältere Dame. Wir gehen ja schließlich nicht sehr verantwortungsvoll mit der Natur um.“
Da möchte ich überhaupt nicht widersprechen, wünsche der Abendgesellschaft noch alles Gute und geh‘ zurück auf den Berg. Dort bin ich daheim.
Fotos/Video: Knut Kuckel