„Die älteren Tiere ertragen das, weil sie spüren – was danach kommt, ist die Alm. Ein Vierteljahr unbeschwerte Freiheit auf der Seeben Alpe“, behauptet Seeben-Alm-Hirt Gerhard Wiggens. Mit dem Frühjahrsschafbad im Mieminger Weiler Fiecht beginnt sein Dienst für die Untermieminger Schafer.
Schafbad gegen Schafsräude und Klauenkrankheit
Vom Schafbad geht’s noch zehn Minuten lang in das Klauenbad, zur Vermeidung der ansteckenden Klauenkrankheit. Das Tierseuchengesetz schreibt vor, die Schafe im Frühjahr (Anfang April) vor dem Almauftrieb, Anfang bis Mitte Juni (je nach Wetterlage) zu baden. Bis zur Alm müssen die Tiere allerdings noch ein paar Hürden nehmen. So schön die Bilder vom Alm-Sommer Jahr für Jahr auch sind, Schafe, Ziegen und Lämmer haben kein ganz einfaches Leben. Die Seeben-Alm ist für sie auch so etwas wie eine Entschädigung, weil sie sich für ihre Schafbauern viel gefallen lassen müssen. Immerhin geht es hier auch um die edlen Tiroler Bergschafe bzw. die Tiroler Bergziegen. Sie unterscheiden sich von ihren Verwandten im Flachland, einfach formuliert, durch ihre Bergtauglichkeit.
Schafe und Ziegen sind unwirtschaftlich – sind sie das?
Und die Besitzer der Tiere sagen es immer wieder, damit nicht der geringste Neid aufkommt, mit Schafen und Ziegen ist heutzutage kein Geld mehr zu verdienen. „Die Tierhaltung insgesamt verschlingt über das Jahr gesehen schon das wenige, was wir verdienen“. Nur wer wenige Tiere hält, gilt als Liebhaber. Ab einem bestimmten Bestand ist die Schaf- und Ziegenhaltung durchaus wirtschaftlich, erwidern darauf die Experten.
Tierhaltung ist nichts für Romantiker
Ob die Schaf- und Ziegenhaltung wirtschaftlich sind, hat etwas mit Erfahrung und Geschick zu tun. Die Tierhaltung ist ein kompliziertes Handwerk, das erlernt sein will. Nichts für Romantiker. Was bei den Schafen für die Wolle zu wenig bringt, gleicht der Verkauf von Fleisch und für die Zucht geeigneten Tieren wieder aus. Sicher, der Kostenaufwand ist nicht ohne. Da kommt schon was zusammen, über das Jahr gesehen. Da sollte man gut rechnen und kalkulieren können, sonst wird das letztlich zum Zuschussgeschäft.
Kein Halter hat einen Freifahrtschein
Viele Schafhalter haben noch weitere Wirtsaftszweige, denn vor Risiken ist keiner von ihnen qua Freifahrtschein geschützt. Die Zucht, die Hofhaltung, der Erzeugnis-Verkauf, die Alm, und der technische Aufwand – wenige Stichwörter, die den Einsatz von Geld notwendig machen. Vom körperlichen Aufwand für Mensch und Vieh ganz zu schweigen. Den meisten liegt es im Blut. Sie werden Schafhalter, weil das der Vater, der Großvater und der Urgroßvater schon waren.
Vor der Alm kommt erst die niedere Weide
Wenn sie als zweijähriges Kind zum ersten Mal durch das Gatterle schauen, sind sie schon infiziert. Der Alm-Auftrieb im Frühsommer, die Schafschoad im Herbst, da wächst sehr rasch das richtige Gefühl für die Tiere in einem Berufenen. Mieming-Online gewährt Ihnen heuer einen tieferen Einblick in die Schaf- und Ziegenhaltung. Wenn das Wetter (hoffentlich bald einmal) besser wird, kommen die Tiere zum Eingewöhnen erst einmal auf die niederen Weiden, meistens in Hofnähe. „Zurzeit liegt auf der insgesamt über zweitausend Meter hoch gelegenen Seeben Alpe noch viel Schnee. Wenn der schmilzt, beseitigen wir gemeinsam die Winterschäden. Erst wenn alles gerichtet ist, kommen die Tiere“, erläutert Alm-Hirt Gerhard Wiggens. So gesehen ist das Schafbad für die Tiere, ob klein oder groß, eine zwar lästige, aber erduldbare Last. Der Mensch hat es sehr viel schwerer.
Schafbad Obermieming am 20. April
Für die Schaf- und Ziegenhalter ist die Begegnung im Frühjahr auch der Auftakt in ein neue Wirtschaftsjahr. Da gibt es vieles zu besprechen, zu planen und abzustimmen. Da werden Kontakte vermittelt und eswird jede Menge Stroh gedroschen. Am Abend, in der kleinen Hütte, mit der Haus-Nummer „Fiecht 1“. Die Barwieser und Obermieminger Schafer führen ihre Tiere übrigens am Samstag, dem 26. April durch das Schafbad in Obermieming. Am Hiaslhof vorbei, dann Richtung Stöttlalm. Wir sehen uns dort, ganz bestimmt. Bis dahin gibt es schon wieder viel mehr zu erzählen.
Fotos: Michaela Maurer